Hans Staudacher

Am 6. Oktober 2004 wurde der „Kulturpreis der Stadt Villach 2004“ an Professor Hans Staudacher verliehen. Unzählige nationale und internationale Auszeichnungen und Würdigungen gingen dem voran. Bereits 1956 vertrat der damals 33-jährige Staudacher gemeinsam mit anderen Künstlern Österreich mit acht Bildern auf der 28. Biennale von Venedig. 1958 erhielt er den Premio Mazotto und 1965 den Hauptpreis auf der Biennale in Tokio, um nur einige internationale Auszeichnungen zu nennen.

Im Wohnpark Alt-Erlaa war Hans Staudacher bereits 1981 präsent: in einer Ausstellung präsentierte die „Edition Alt-Erlaa“ seine Malereien und Graphiken. Es war daher auch nicht überraschend, dass 1987 in einer von der „Edition Alt-Erlaa“ initiierten Befragung der BewohnerInnen neben Karl Korab, Linde Waber und Franz Zadrazil auch Hans Staudacher für die Ausgestaltung der Eingangshallen des C-Blocks ausgewählt wurde. In diesem Zusammenhang soll einmal mehr daran erinnert werden, dass die „Edition Alt-Erlaa“, vertreten durch DI René Prassé und Günther Hörist, im Wohnpark für viele Jahre praktisch ein Synonym für „bildende Kunst“ war. Im Frühjahr 1988 wurden dann in der Eingangshalle zu den Stiegen 5 und 6 von Hans Staudacher zwei Bilder den BewohnerInnen übergeben. Damit ist in der Galerie „Eingangshallen im Wohnpark“ auch einen Vertreter des „Lyrischen Informels“ vertreten.

Zur Person

Hans Staudacher wurde am 14. Jänner 1923 in St. Urban am Ossiacher See geboren und wuchs in Villach auf. Er begann sehr früh als Autodidakt mit Zeichnungen, Landschaftsbildern und Portraits. 1950 übersiedelte er nach Wien und beschäftigte sich mit Arbeiten von Kubin, Schiele und Klimt. Ab 1960 wandte er sich konsequent der nicht figurativen Malerei zu und entwarf auch Glasfenster und Mosaike. Staudacher, Mitglied der Wiener Secession, des Forums Stadtpark Graz und des Kunstvereins Kärnten gilt als Begründer der Informellen Malerei in Österreich.

Hans Staudacher zählt zu jenen Künstlern, die nach Kriegsende den Kunstbegriff völlig neu und radikal zu definieren versuchten. Er ist nicht nur Österreichs populärster abstrakter Maler sondern auch konsequentester österreichischer Vertreter einer internationalen Kunstentwicklung, die in der Nachkriegszeit in Ganz Europa und in Nordamerika einsetzte. Eine Entwicklung – definiert mit „Tachismus“, „Lyrische Abstraktion“, „abstrakter Expressionismus“ oder „Action Paiting“ – die sich schließlich als „Informel“ durchgesetzt hat. „Staudachers künstlerisches Schaffen ist in Österreich einzigartig geblieben. Seine lyrisch-abstrakte Ausdrucksweise verhalf ihm zu weltweiter Bekanntheit“, heißt es in der Jury-Begründung für den Kulturpreis der Stadt Villach.


Tachismus
leitet sich vom französischen la tache „Fleck“ ab und ist eine Stilrichtung innerhalb des Abstrakten Expressionismus. Der Name ergibt sich aus der Beschreibung der Maltechnik. Farbflächen und Linien werden spontan und ohne vorher festgelegte Komposition der Vorzeichnung auf die Leinwand gemalt. Der impulsive Malvorgang gibt dem Künstler die Möglichkeit, eine ganz persönliche, im Augenblick empfundene Aussage aufzuzeichnen. Das Bild wird beim Malen zu einer Aktionsfläche, auf der der Künstler seine Gefühle, Stimmungen, Gedanken niederschreibt. Einzig seine persönliche Sichtweise ist der gültige Maßstab. Es bleibt ihm überlassen, auf herkömmliche ästhetische Bräuche Rücksicht zu nehmen.

Informel (frz.: art informel: Informelle Kunst) ist eine Stilrichtung, die sich 1945/46 im Rahmen der École de Paris als Gegenpol zur geometrischen Abstraktion etwa eines Victor Vasarely bildete. Sie spielte in den 1950er und 1960er Jahren in Deutschland eine große Rolle. In beiden Nachkriegsjahrzehnten hatte das abstrakte Bild international eine gleichsam unverrückbare Stellung.

Action Painting (Aktionsmalerei) wurde ab 1946 besonders von Jackson Pollok vertreten. Dabei lässt man Farbe von oben auf die am Boden liegende Leinwand tropfen („Dripping“). Diese Technik wurde von Max Ernst erfunden. Der Herstellungs- und Entstehungsprozess steht für den Künstler immer im Vordergrund, ganz im Gegensatz zum Anliegen anderer Künstler, wie etwa Piet Mondrian, die strenge und kontrollierte Bilder schufen.

 

Zur Arbeitsweise

Die vielfältigen Klassifizierungen Staudachers beweisen aber auch, dass die Kunsttheoretiker eigentlich vor dem Phänomen Hans Staudacher kapituliert haben. Ein Elementarereignis passt ganz einfach in keine „Schublade“. Staudacher: „Der Kopf kann beim Malen nicht mitkommen. Bei mir ergibt eine Gestik, ein Zeichen das nächste, dieses kann alles wieder zerstören ...“

Ich bin ein getriebener, spontaner Mensch, ich arbeite, wie ein Fechter fechtet. Hieb und Stich und Stoß, sehr aggressiv auf der einen Seite, auf der anderen der Versuch, daraus etwas Poesie zu machen“. Bernd Czechner von der „Kleinen Zeitung“ meinte kürzlich zu Staudachers Arbeitsweise: „Die Verquickung von Poesie und Aggressivität, der gepeitschte, gestochene Rhythmus seiner Geste, die dann wieder wie hingestreichelte „Kaumfarbigkeit“ um ein schwarzgeflüstertes Zeichen entspricht wohl einem Biogramm seiner Persönlichkeit.“

Zu den Wohnparkbildern

Die Bilder muss man einfach gesehen haben. In natura. Jede Anstrengung, sie zu beschreiben, oder sie kleinformatig abzubilden, kann nur ein armseliger Versuch bleiben.

Die Verglasung ist auch hier suboptimal, um es diplomatisch auszudrücken. Eine entspiegelte Verglasung ist zwar teuer, sollte aber vielleicht zum 30. Geburtstag des Wohnparks Jahr möglich sein. Wenn es sich machen lässt, auch für die Bilder der anderen Künstler.

Keine Angst

Dass man keine Angst vor abstrakter Malerei haben muss, bewiesen anlässlich des 80. Geburtstags von Hans Staudacher die SchülerInnen der Volkschule II in der Bendergasse (1230). Sie beschäftigten sich intensiv mit den Maltechniken Staudachers und unter Anleitung ihrer Klassenlehrerin Monika Höbarter gelangen ihnen schließlich wunderschöne Kunstwerke, die im heurigen Februar im Foyer des Stadtschulrates für Wien ausgestellt wurden.

Die Bilder Hans Staudachers und der meisten anderen MalerInnen im Wohnpark sind von der Dimension her nicht transportabel. „Wer sie sehen will, muss zum Wohnpark fahren. Ein Randbezirk hat dadurch die Chance, zum Zentrum zu werden“ meinte Gerhard Habarta schon in Bezug auf die ersten Bilder im A-Block.